Die Berühmtheit mancher Zeitgenossen hängt mit der Blödheit der Bewunderer zusammen.(Heiner Geißler)

Archiv für 17. September 2012

Frauen verdienen 21 Prozent weniger als Männer.Wirklich?

Frauen verdienen mit durchschnittlich 2.538 € genau 697 € monatlich weniger als Männer, das sind 21 Prozent. In Europa weisen nur Österreich und Tschechien einen größeren Lohnunterschied auf.

Diese 21 Prozent werden regelmäßig zitiert http://www.zeit.de/2012/25/Analyse-Frauen , oft fälschlicherweise nahelegend, Frauen würden für gleiche Arbeit so viel weniger Geld bekommen als Männer. http://www.n-tv.de/wirtschaft/Frauen-verdienen-viel-weniger-article5677866.html

Es stimmt zwar, dass Frauen bei gleicher Arbeit weniger verdienen (vielleicht  aber auch nicht, dazu später), es sind aber nicht 21 Prozent.

Wie aber kommt es zu dieser Zahl?

Zum Glück gibt es diesmal keinen Streit über unterschiedliche Studien, alleinige Referenz ist das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/VerdiensteArbeitskosten/Verdienstunterschiede/VerdienstunterschiedeMannFrau5621001069004.pdf?__blob=publicationFile

Der Gender pay gap bezeichnet den Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttolohn von Frauen und Männern und wird aus den Lohnstammdaten der Betriebe ermittelt. Jeder Betrieb mit zehn oder mehr Beschäftigten muss seine Personalstandsstatistik monatlich an das Bundesamt für Statistik abgeben. Während geringfügig Beschäftigte und Teilzeitarbeitende in die Erhebung mit einfließen, werden alle Selbständigen und Mitarbeiter in kleinen Betrieben nicht berücksichtigt. Ferner werden aus bestimmten Gründen die Beschäftigten in Land- und Forstwirtschaft, beim Militär und der Sozialversicherung nicht einbezogen.

Diese Lohnstammdaten von drei Millionen Arbeitnehmern werden im Referenzmonat Oktober herangezogen, da es dann meist kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gibt. Es muss der Bruttolohn sein, denn Netto würde wegen Ehegattensplittings das Ergebnis verändern. Solche und andere Tücken, sowie die Entscheidung, welche statistischen Formeln angewandt werden, nämlich die Oaxaca-Blinder-Dekomposition, entscheiden über das Endergebnis.

Ausgehend vom Durchschnittslohn aller Beschäftigten, – ohne die oben genannten Ausnahmen, die in etwa ein Drittel aller Arbeitnehmer ausmachen-, egal, ob Münchner Managerin in den Mitfünfzigern oder 20-jähriger Gabelstapelfahrer in Teilzeit aus Chemnitz, beträgt der Gender pay gap 23 Prozent.

Interessiert man sich jedoch für gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation, gleicher Berufserfahrung etc. gilt es,  den bereinigten Gender pay gap zu ermitteln. Dabei werden alle Parameter herausgerechnet, die eine unterschiedliche Entlohnung auslösen wie Alter, Wohnort, Wirtschaftszweig und Beruf.

Die Statistiker fragen also nicht in den Betrieben nach, ob Frau B. und Herr C. in der gleichen Position unterschiedlich verdienen. Sie vergleichen aus den Lohnstammdaten Berufe, die gleichwertige, nicht die gleiche, Arbeit verrichten. Die gleichwertigen Berufe sind nach der Euronorm ISCO 08 festgelegt, der internationalen Standardklassifikation der Berufe. http://www2.warwick.ac.uk/fac/soc/ier/research/links/isco88/german/gruppe/

Doch wie genau sind diese Einteilungen? Welche gleichwertige Arbeit entspricht der Tätigkeit eines Vorfeldarbeiters auf dem Frankfurter Flughafen?

Das Bundesamt für Statistik rechnet also diese Faktoren nach ihrer Methode hinaus. Vor allem Erziehungszeiten und der hohe weibliche Anteil an nicht so gut bezahlten Berufen wie Floristin, Kosmetikerin und Erzieherin, bzw. Sozial- und Geisteswissenschaftlern, sowie der geringe weibliche Anteil an eher besser bezahlten Berufen wie Mechatroniker, Industrietaucher, Starkstromelektriker, bzw. Maschinenbauer und Informatiker erklären rund 60 Prozent des Lohnunterschiedes von 23 Prozent.  Übrig bleibt danach der von Statistikern so genannte „unerklärte Rest“. Demnach verdienen Frauen bei gleichwertiger Arbeit durchschnittlich acht Prozent weniger als Männer.

Doch liest man die komplette Bundesamt für Statistik-Studie „Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen“ von Claudia Finke genauer, stößt man auf die Bemerkung, dieser bereinigte Gender pay gap von acht Prozent sei als „oberster Wert“ anzusehen, d. h. in Wahrheit wohl niedriger. Denn aus bestimmten Gründen geben die Lohnstammdaten z. B. keine Auskunft über die tatsächliche Berufserfahrung, es wird eine potenzielle Berufstätigkeitszeit angenommen, so dass mögliche Ausfallzeiten bei Kindererziehung in die angenommene Lebensarbeitszeit mitgerechnet werden.

Außerdem werden keine unbezahlten Überstunden eingerechnet. Da Männer durchschnittliche drei Stunden monatlich mehr unbezahlte Arbeit leisten, und diese drei Stunden zufälligerweise genau acht Prozent ausmachen, hieße das  -wenn man die tatsächlich geleistete Arbeitszeit auf die Entlohnung umschlüge- Männer und Frauen verdienen gleich viel.

Gewalt gegen Männer-unter Männern

Twister (Bettina Hammer) 15.09.2012

Teil 2: Bekannt, untersucht und vergessen

Auch Männer sind oft Gewaltopfer, nicht nur in Beziehungen sondern gerade auch im beruflichen Sektor. Unbekannt ist dies nicht, doch weiterhin wird kaum etwas getan.

Seit 8 Jahren herrscht Untätigkeit

Gewalt gegen Männer ist ein Nischenthema. Bereits 2004 gab das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (!) eine Pilotstudie zum Thema „Personale Gewaltwiderfahrnisse von Männern in Deutschland“ in Auftrag.

Diese Studie befasst sich auch mit den Gewalterfahrungen in der Öffentlichkeit und stellt fest:

Ein Großteil allein der polizeilich bekannten Gewaltstraftaten gegen Männer, insbesondere körperlicher Art, findet in der Öffentlichkeit und durch unbekannte TäterInnen statt. […] Während Gewaltausübung durch Männer in der Öffentlichkeit als ein weit verbreitetes Phänomen und Problem stark im allgemeinen Bewusstsein präsent ist und in der Fachwelt diskutiert wird, ist die Tatsache, dass größtenteils Männer Opfer dieser Gewaltverbrechen sind, wenig bewusst, sondern sie muss als kaum thematisierte „Normalität“ angenommen werden.

Diese „Normalität“ bzw. das Hervorheben von Frauen und Kindern bei Gewalterfahrungen zeigt sich auch in der Berichterstattung. So werden die weiblichen und minderjährigen Opfer bis heute noch oft extra betont.

Der Terminus „darunter viele Frauen und Kinder“ ist ein gängiger Terminus innerhalb der journalistischen Berichterstattung, obgleich es dafür (außer dem emotionalen Aspekt) wenig Gründe gibt. Beispiele hierfür sind Berichterstattungen über Schiffsunglücke, Tötungen von Zivilisten in Kriegen, Flüchtlingsschicksale usw. Dabei geht es selten um konkrete Zahlen: Vielmehr wird eher eine emotionale Seite angesprochen, die Frauen und Kinder per se als unschuldig/hilflos definiert und die Männer (ähnlich wie auch im Fall der Familie) als Bestandteil der Opfergesamtheit ansieht, nicht jedoch als erwähnenswerte Einzelpersonen.

Eine solche Wahrnehmung ist auch zu bemerken, wenn es zu Gewalttätigkeiten unter Männern kommt. Oft werden die Opfer in den Diskussionen nicht einmal erwähnt. Ein Messerangriff auf einen Mann führt höchstens zu einer Diskussion über Waffenbesitz. Ein Messerangriff auf eine Frau wird dagegen in der Diskussion stets auch das Opfer mit einbeziehen. Gewalt unter Männern ist insofern für viele tatsächlich „Normalfall“, wodurch die Opfer zu ignorierten Opfern werden. Dazu heißt es in der Studie:

Ein weiterer Grund dafür, dass ein großer Teil der in der Öffentlichkeit gegen Männer und gerade gegen junge Männer gerichteten Gewaltwiderfahrnis der Wahrnehmung entschwindet, ist, dass körperliche Gewalthandlungen gegen Männer in der Öffentlichkeit oft dem Muster der „Schlägerei“ folgen, also der körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei einzelnen oder zwei Gruppen von Akteuren. Dies entspricht der „Normalitätshypothese“, nach der als „normal“ geltende Gewalt kaum noch als solche wahrgenommen wird […]. Männer fühlen sich hier nicht als „Opfer“, wenn sie diejenigen sind, die die Schlägerei begonnen haben. Aber auch wenn sie in eine „Schlägerei“ ohne eigenes Zutun verstrickt werden, scheinen viele Männer das als etwas zu begreifen, was in einer bestimmten Lebensphase zum Männerleben dazugehört.

Dabei ist die Gefahr, als Mann Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, im Bereich der nichtsexualisieren Gewalt höher als die einer Frau. „Aus den von der PKS erhobenen Opfergefährdungszahlen des Hellfeldes wird deutlich, dass Männer in den Bereichen Mord und Totschlag, Raubdelikte und Körperverletzung um ein Vielfaches höher gefährdet sind, Opfer einer Gewaltstraftat zu werden, als Frauen“ konstatiert die Studie.

Sie schließt mit folgenden Handlungsempfehlungen:

Zum Ersten ist die Erweiterung des Wissens über Gewaltwiderfahrnisse von Männern zentral. Neben repräsentativer Forschung über die Häufigkeit, in der Männern die unterschiedlichen Gewaltformen widerfahren, sind spezielle Forschungen darüber nötig, welche Unterstützung sie brauchen, wie sie erreicht werden können und wie die Angebote ausgestaltet werden müssen, damit sie wirklich zur Bewältigung beitragen. In einer weiteren Perspektive geht es um die Integration eines Geschlechterverständnisses in die Gewaltforschung, welches berücksichtigt, dass auch Männer verletzbare Wesen sind.

Zum Zweiten ist die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für Ausmaß und Folgen der Gewalt gegen Männer von großer Bedeutung. Wichtig ist zunächst, öffentliche Aufklärung über die Vielfalt und das Ausmaß der Gewalt – insbesondere über die bisher nicht wahrgenommene und übersehene.

Zum Dritten ist ein kompetentes Hilfesystem für gewaltbetroffene Männer und Jungen erforderlich. Vor allem bei den bisher tabuisierten Gewaltbereichen muss die Chance auf Unterstützung bei der Beendigung, Aufarbeitung und Bewältigung der gegen sie gerichteten Gewalt vergrößert werden. Bestehende Systeme sollten im Hinblick auf männer- und jungenspezifische Notlagen und Hilfesuchstrategien verbessert und deren AkteurInnen informiert und geschult werden.

Auch die Angebotslücke im Hilfesystem bezüglich weiblicher Täterinnen sollte geschlossen werden. Diese Maßnahmen zum Abbau von Gewalt gegen Männer sind ein wichtiger Teil der gesellschaftlichen Aufgabe, Einschränkungen in Gesundheit, Wohlbefinden und Lebenschancen für Menschen jeden Geschlechts zu verringern oder zu beseitigen. Zudem wird durch jede dieser Aktivitäten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das passiert, was für eine Veränderung gleichermaßen notwendig ist: dass mehr Männer über Gewalt reden (können).

Doch seit Beendigung der Studie ist in diesen Bereichen nichts passiert, spezielle Forschung findet nicht statt, auch das öffentliche Bewusstsein für Ausmaß und Folgen der Gewalt gegen Männer ist weiterhin fast nicht existent. Das geforderte bzw. angemahnte kompetente Hilfesystem wurde weder für Jungen noch Männer eingerichtet. Obgleich in den letzten Jahren die Nachrichten über Gewalterfahrungen von Männern zunahmen (exemplarisch seien die Vorgänge innerhalb der Bundeswehr genannt), scheint das Thema größtenteils auf Eis gelegt.

Im Bereich der häuslichen Gewalt gibt es Männer, die den Weg aus der Anoynmität wagen und Selbsthilfegruppen ins Leben rufen. Eine dieser Selbsthilfegruppen wurde in Mönchengladbach von einem Betroffenen ins Leben gerufen, der fünf Jahre lang psychische und physische Gewalt durch seine Ehefrau durchlebte (und erfahren musste wie schnell er als Täter angesehen wurde, obgleich er das Opfer war).

„Als seine Frau nach einem Streit selbst die Polizei rief, verbarg er die Verletzung am Oberarm, die sie ihm mit einer Säge zugefügt hatte, unter einem Pullover. Der Beamte habe zu ihm gesagt: ‚Wir gehen davon aus, dass die Tätlichkeit von Ihnen ausgeht'“ heißt es in dem Artikel der Westdeutschen Zeitung. Auch hier zeigte sich, dass die bestehenden Strukturen auf Frauen als Opfer ausgelegt sind und dass die bestehenden Selbsthilfegruppen etc. nicht davon ausgehen, dass auch Männer Opfer sein können. Seit nunmehr 8 Jahren ist der Bereich „Gewalt gegen Männer“ ein Feld, das weder die Politik noch die Medien interessiert – womit ein großer Teil von Opfern schlichtweg im Stich gelassen wird.

http://www.heise.de/tp/artikel/37/37604/1.html

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